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Als Vorzeigebeispiel beim Ausbau der Solarenergie, setzt die Stadt Ulm zunehmend auf die Sektorenkopplung, um das solare Potenzial zielgerichtet auch im Wärme- und Verkehrssektor nutzbar zu machen. 

Die erneuerbare Energieerzeugung hat in Ulm eine lange Tradition: Bereits im Jahr 1991 ging die erste Förderrichtlinie für Solarenergie an den Start. Seitdem hat sich in der baden-württembergischen Stadt mit etwa 126.000 Einwohner*innen einiges getan. Aufgrund des großen Engagements wurde Ulm im Jahr 2012 und erneut im Februar 2020 von der Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) zur Energie-Kommune des Monats ausgezeichnet. Gefördert werden heute besonders der Bau von Passiv- oder Netto-Nullenergiehäusern, der Heizölkesseltausch sowie die gebäudeintegrierte Photovoltaik (PV). Das Projekthaus Ulm, mit PV-Anlagen und einer Wärmepumpe, verknüpft die erneuerbaren Technologien mit einem Einfamilienhaus und dient gleichzeitig als wichtige Datenquelle. Durch diese und viele weitere Maßnahmen ermutigt die Stadt ihre Bürger*innen, den Ausbau der Erneuerbaren, die Steigerung der Energieeffizienz und den Klimaschutz selbst anzupacken. 

Solare Grundlage für die erneuerbare Energieversorgung

Quelle: Stadt Ulm, Abeteilung Vermessung

Die Solarenergie ist seit Jahren das Standbein der erneuerbaren Energieerzeugung in Ulm: 2018 wurden 237 Megawattstunden (MWh) Strom durch neun städtische PV-Anlagen erzeugt. Auch zur Wärmeerzeugung wird die Sonne genutzt. Auf insgesamt 415 m² betreibt die Stadt elf Solarthermie-Anlagen. Die Solarenergie spielt in Ulm schon seit vielen Jahren eine sehr große Rolle. Dennoch sind noch Potenziale in der Stadt vorhanden, die ausgeschöpft werden sollen. Der solare Eigenverbrauch und Mieterstromkonzepte werden zukünftig beim Neubau und der Gebäudesanierung noch wichtiger, sagt Andrea Lippert, Mitarbeiterin der Abteilung Strategische Planung“ der Ulmer Stadtverwaltung. Seit 2014 wird Anwohner*innen zudem angeboten, sich mithilfe eines Solarpotentialkatasters über den idealen Standorte für Sonnenenergie zu informieren. 

Fortschritte Ulms sind auch im Ausbau der fossilfreien Mobilität festzustellen. Die Stadt kann mit 54 öffentlichen Ladesäulen der Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm (SWU) eine hohe Anzahl von Elektro-Ladesäulen aufweisen. Besonders wichtig sind Lippert die Erschließung von wichtigen Knotenpunkten, wie Parkplätze von Supermärkten oder Ladenketten. Auch im Neubau bzw. im Ausbau von mehrgeschossigen Häusern sollen Möglichkeiten für die Integration von Ladeinfrastruktur bedacht werden. 

Die Stadtwerke erkennen großes Potenzial in der Sektorenkopplung

Bereits im Jahr 2012 haben die Stadtwerke das ambitionierte Ziel geäußert, bis 2020 alle Haushaltskund*innen mit erneuerbarem Strom versorgen zu wollen. Am 1. Januar 2020 wurde dieser Meilenstein erreicht. Alle 35.000 Kund*innen, die Strom aus der Grundversorgung beziehen, werden seitdem mit grünem Strom aus alpiner Wasserkraft versorgt. Gerechnet auf den Jahresbedarf der Grundversorgung aller Kund*innen  entspricht das einer CO2Einsparung von 32.000 Tonnen. Bis zum Jahr 2025 möchten die SWU die dezentrale Energieerzeugung weiter ausbauen. Derzeit beziehen Kund*innen des SWU den NaturStrom  aus dem regionalen Donau-Wasserkraftwerk Böfinger Halde. 

Quelle: Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm

Doch die Versorgung ist heutzutage nicht mehr isoliert auf den einzelnen Energieträger zu betrachten. Bei SWU konzentrieren wir uns mehr und mehr auf ganzheitliche Lösungenumzusetzen vorzugsweise in Neubaugebieten. Dort lassen sich die verschiedenen Sektoren am besten koppeln. BHKW-gestützte Wärme mit Solarthermie zum Beispiel, dazu noch PV-Anlagen, deren Strom in Ladesäulen für E-Autos fließt, beschreibt Bernd Jünke, Pressesprecher der SWU, das Konzept. Das gemeinsame Entwickeln von energetischen Quartierslösungen mit den Kommunen Ulm und Neu-Ulm, darin liegt die  zukünftige Strategie der Stadtwerke.  

Bewohntes Projekthaus für die Datenerhebung

Ein wichtiges Projekt für die Sektorenkopplung in Ulm und über die Stadt hinaus ist das 2013 errichtete Plusenergie Projekthaus Ulm für nachhaltige Energienutzung. Das bewohnte Einfamilienhaus dient zur Datenerhebung des thermischen und elektrischen Energieverbrauchs sowie der Energieerzeugung aus hauseigenen Erneuerbaren-Energien-Anlagen. Die Messtechnik wurde von der Hochschule Ulm entwickelt und installiert, um den hohen Eigenverbrauch des erneuerbaren Stroms zu analysieren. Am Haus sind zwei Photovoltaikanlagen mit Spitzenleistungen von neun Kilowatt peak (kWp) und vier kWp für die Stromerzeugung installiertDer erzeugte Strom deckt den durchschnittlichen Eigenverbrauch des Hauses und lädt zudem einen Batteriespeicher mit vier Kilowattstunden Leistung auf. Sollten dennoch Überschüsse auftreten, können diese in das öffentliche Netz eingespeist werden.  

Quelle: Projekthaus Ulm

Eine zweistufige Luftwärmepumpe mit Direktkondensation stellt den Solarstrom auch zum Heizen zur Verfügung. Die Direktkondensation hat den Vorteil, dass keine zusätzliche Pumpe zwischen Wärmepumpe und Speicher benötigt wird und der Speicher weniger Platz einnimmt.Mithilfe einer automatischen Steuerung erfolgt die Wärmebereitstellung oberhalb einer bestimmten Temperatur nur über die emissionsfreie Luft-Wärmepumpe. Überschüsse, die nicht lokal benötigt werden, werden über den Hausanschluss in das öffentliche Netz eingespeist. Zusätzlich kann ein Pelletofen zum Heizen betrieben werden.   

Kollaborative Forschungsgrundlage

Innovative Messtechnik wurde von den Stadtwerken Ulm und der Technische Universität München zur Verfügung gestellt. Die Technische Hochschule Ulm und die Robert-Bosch-Schule nahmen 2014 die Technologie in Betrieb, die reale Daten der Energieerzeugung und -nutzung im Effizienzhaus langfristig generiert. In der Begleitforschung werden Daten zur Wirtschaftlichkeit, Effizienz und Wiederverwertbarkeit der Energieerzeugungsanlagen untersucht und veröffentlicht, damit sie als Grundlage für künftige Erneuerbare-Energien-Projekte nutzbar sind.

Im Projekt NETCHEK-PV (Netzverträgliches Heizen und Kühlen mit PV-Strom) wurden die Auswirkungen der Solarstromnutzung zur Wärme- u. Kältegewinnung untersucht. Festgestellt wurde, dass die Kombination aus Luft-Wärmepumpe und PV-Anlage über die nächsten Jahre etwa 19.000 Euro gegenüber einer modernen Ölheizung einsparen wird. Außerdem kann der Eigenverbrauch des Solarstroms durch die direkte oder automatische Regelung stark gesteigert werden. Diese Projekte sind Bestandteil der unw-Projektförderung. Der Ulmer Initiativkreis nachhaltige Wirtschaftsentwicklung e.V. (unw) wurde vom Kuratorium der Solarstiftung Ulm/Neu-Ulm als Projektträger beauftragt, um das Stiftungskapital -im Zuge der Umwandlung zu einer Verbrauchsstiftung- zur Förderung von Projekten im Bereich erneuerbarer Energien und Energieeffizienz einzusetzen. In der Zeit von 2014 bis 2019 wurden auf diesem Wege 15 Projekte gefördert.  

„Tu was Du kannst“

Unter diesem Slogan der Ulmer Klimaschutzkampagne werden Ulmer*innen porträtiert, die einen individuellen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Die Stadt hat sich den Slogan aber auch immer selbst zu Herzen genommen – was der Blick in die Aktivitäten in Ulm auch acht Jahre nach der Auszeichnung zur Energie-Kommune des Monats zeigt.  

Die Stadt Ulm ist im Jahr 2019 als eine der ersten Kommunen der Allianz für Entwicklung und Klima des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung beigetreten. Ziel der Allianz ist die Vermeidung, Reduktion und Kompensation von CO2, um zum Klimaschutz beizutragen. Die Verwaltung entwickelt aktuell ein Konzept für eine Klimaneutrale Stadtverwaltung. Zusätzlich wird im Rahmen des Projektes Zukunftsstadt Ulm 2030“ angestrebt, Nachhaltigkeit in Kooperation mit Bürger*innen unter Nutzung ressourceneffizienter digitaler Techniken in der Stadtentwicklung zu etablieren. Für die Umsetzung dieser ehrgeizigen Ziele werden sich in den kommenden Jahren weiterhin zahlreiche Ulmer*innen engagieren. Für die Bewältigung der vielfältigen Aufgaben und Projekte hofft die Ulmer Stadtverwaltung auf die Bewilligung der Förderung einer*s Klimaschutzmanager*in. 

Quelle: Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm

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